Staatskanzlei

Platzeck: „Mit den Erfahrungen des Abzugs der Westgruppe die Beziehungen zu Russland ausbauen“

veröffentlicht am 25.08.2004

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck sieht in den Erfahrungen aus dem Abzug der Westgruppe der ehemaligen sowjetischen Streitkräfte vor zehn Jahren ein wertvolles Erbe, dass bei der Ausgestaltung der Beziehungen zu Russland sorgsam gepflegt werden sollte. Platzeck sprach am Mittwoch auf einem Festakt des Landes Brandenburg anlässlich des 10. Jahrestags des Abzugs der Westgruppe der Truppen (WGT), während dessen sechs komplette Armeen und mehr als 545.000 Menschen binnen vier Jahren Deutschland verlassen hatten. 2,7 Millionen Tonnen Material und Ausrüstungen sowie 677.000 Tonnen Munition mussten damals transportiert werden. Angesichts dieser gewaltigen logistischen Leistung – der Abzug vollzog sich trotz angespannter politischer Lage in der ehemaligen Sowjetunion relativ reibungslos und ohne Zeitverzögerungen - zollte Platzeck den damals Verantwortlichen auf russischer und deutscher Seite Dank und Anerkennung. Der Ministerpräsident sprach von einer „historisch beispiellosen Aufgabe“, die die Westgruppe unter Leitung des am Festakt teilnehmenden Ehrengastes, Generaloberst Matweij Burlakow , zu bewältigen hatte. Platzeck erinnerte daran, dass trotz des von Deutschland finanzierten umfangreichen Wohnungsbauprogramms eine Vielzahl der rückkehrenden Armeeangehörigen in der Heimat soziale Unsicherheit und Wohnungsnot vorfand. Brandenburg habe daraufhin gemeinsam mit dem russischen Verteidigungsministerium im Wohnungsbauprogramm MODUL 4.500 Wohnungen an mehr als 50 Standorten errichtet. Die Bundesregierung und vor allem die Bundeswehr engagierten sich bei der Umschulung und Ausbildung von Armeeangehörigen unter anderem zu Umweltoffizieren. Aber auch Brandenburg selbst, das bis 1990 mit acht Prozent Landesfläche am stärksten militärisch genutzte Bundesland, stand nach Worten von Platzeck vor einer gewaltigen Konversionsaufgabe. In den vergangenen zehn Jahren habe die Brandenburgische Boden GmbH 60 Prozent der ihr übertragenen 100.000 Hektar Flächen der Westgruppe in eine zivile Nutzung überführt. Aus Sicht von Platzeck ist damit auch ein eindrucksvolles Werk für den Aufbau Ost errichtet worden. Platzeck: „Der Abzug der Westgruppe war also nicht nur ein Abschied, sondern auch der Beginn neuer Partnerschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit. Das gilt auch für die vielen Initiativen gesellschaftlicher Organisationen und Vereine, die mit Begegnungen und kulturellen Veranstaltungen an den Standorten, mit deutsch-russischen Kinderzeichenwettbewerben sowie mit überregionalen Veranstaltungen und international besetzten Seminaren ein beeindruckendes Netzwerk von Kontakten zu den Offizieren und Soldaten der Westgruppe aufgebaut und gepflegt haben. Auch das Land Brandenburg profitiert heute noch unmittelbar von der Verbundenheit und den Erfahrungen aus der Zeit der Stationierung und des Abzugs der Westgruppe“, betonte Platzeck mit Blick auf die Partnerschaften mit dem Moskauer und dem Kaliningrader Gebiet. Auswirkungen dieser offenen brandenburgisch-russischen Beziehungen erstreckten sich auch auf den wirtschaftlichen Bereich. Dabei nähmen die Konversionserfahrungen brandenburgischer Unternehmen wegen des enormen russischen Bedarfs einen besonderen Platz ein, sagte Platzeck und verwies zugleich auf solche Bereiche wie Biotechnologie, Umwelttechnik und Wohnungsbau. Mit einem Kooperationsbüro in Moskau unterstütze die Landesregierung Unternehmen aus Brandenburg bei der Anbahnung wirtschaftlicher Kontakte. Platzeck schloss: „Auf das bisher Erreichte können wir mit Stolz zurückblicken. Die von Ihnen errichtete Brücke der Verständigung wird auch in den nächsten Jahren weiter an Stabilität hinzugewinnen. Neue Partnerschaften und persönliche Freundschaften werden zu den bereits bestehenden hinzukommen. Jetzt liegt es allein in unserer Hand, die Erinnerung an den Abzug der Westgruppe der ehemaligen sowjetischen Streitkräfte weiter wach zu halten. Es wäre schön, wenn unsere Kinder die Bedeutung dieses Ereignisses dann ihren Kindern weitergeben könnten. Ich würde mich freuen, wenn die Botschaft unseres feierlichen Gedenkens an den Abzug der Westgruppe viele Menschen erreicht und somit als ein Teil deutsch-russischer Geschichte in Erinnerung bleibt.“