Staatskanzlei

Festakt der Länder Berlin und Brandenburg aus Anlass des 300. Geburtstages von Friedrich dem Großen

Es gilt das gesprochene Wort!

veröffentlicht am 25.01.2012

Rede von Ministerpräsident Matthias Platzeck Sehr geehrter Herr Bundespräsident, lieber Klaus Wowereit, lieber Georg Friedrich Prinz von Preußen, Exzellenzen, Hoheiten, lieber Professor Clark, lieber Richard von Weizsäcker, meine Damen und Herren, Auch von mir ein herzliches Willkommen – im neuen Jahr, an einem schönen Ort, zu einer guten Stunde! Wir sind im „Konzerthaus“ am „Gendarmenmarkt“. Hier die Musen und da die Polizei. Preußischer geht es wohl kaum noch. An Friedrich II. und an Preußen - wir haben das ja eben noch mal gehört beim Regierenden Bürgermeister - scheiden sich von jeher die Geister. Und ich bin mir sicher, das wird am Jahresende immer noch so sein. Viele sehen in diesem Preußen¬könig vor allem den aufgeklärten Herrscher, den Philosophen von Sanssouci, den Künstler auf dem Thron. Anderen ist er in erster Linie der skrupellose Machtpolitiker oder der Hasardeur auf dem Schlachtfeld. Wider¬sprüchlich erscheint uns heute auch der Staat, dessen erster Diener er sein wollte: einerseits bewies Preußen frühzeitig Toleranz in Glaubensfragen beispielsweise. Hier kamen Aufklärung, Wissenschaften und Künste zur Blüte. Ande¬rerseits war Preußen ein Staat aus Waffen und Blut geschmiedet. Die Frage steht im Raum: Wie gehen wir mit diesem Erbe um? Nun, Brandenburg war immer das Kernland Preußens. Wir können und wollen das Erbe des großen Königs und das Erbe Preußens nicht ausschlagen. Die DDR hatte lange und erfolglos versucht, Preußen, die Hohenzollern, Friedrich II. zu ignorieren oder auf autoritäre und militaristische Tendenzen zu reduzieren. Aber es hat sich erwiesen Friedrich der Große war gewissermaßen „nicht totzukriegen“. Je mehr er verschwiegen oder verteufelt wurde, desto lebhafter war das Interesse an ihm und seinen Werken. Kein Wunder! Wer durch Brandenburg reist, wandelt vielerorts auf Friedrichs Spuren: in Potsdam und in Rheinsberg, im Oderbruch und natürlich auch in der größten märkischen Stadt Berlin. Ja, da beißt die Maus keinen Faden ab, das ist so. Für uns ist das in mehrfacher Hinsicht Herausforderung: Wir sind herausgefordert, mit allen Zeugnissen seiner Regentschaft pfleglich umzugehen. Wir sind herausgefordert, uns mit der Sicht auf Friedrich II. zu anderen Zeiten auseinanderzusetzen. Und wir sind herausgefordert, über „das Preußische“ in uns und unserer Geschichte nachzudenken. Kurzum kann man zusammenfassen Friedrich II. fordert uns immer noch heraus. Hinzu kommt: der „alte Fritz“ ist bis heute für viele Menschen eine faszinierende Persönlichkeit. Das liegt womöglich an seiner langen Regierungszeit, fast ein halbes Jahrhundert. Vor allem aber liegt es auch im Charakter und Lebensweg Friedrichs begründet. Er war widersprüchlich, er war genial, er war risikofreudig. Er hatte Marotten und Sehnsüchte. Ein scharfer Verstand und eine ebenso scharfe Zunge zeichneten ihn aus. Ein Intellektueller und Schöngeist auf dem Thron! Und zugleich auch ein verwegener Feldherr in blutigen Eroberungskriegen! Sein Leben bestand – für alle sichtbar - aus Sieg und Niederlage, aus Erfolg und Irrtum. Tragik und Komisches lagen bei „F II“ mitunter dicht beieinander. So wie er lebte und regierte, bot er Stoff für Legenden. Er wurde verherrlicht und verdammt, erforscht und ignoriert. Aber vergessen wurde er nie! Eine der vielen schönen Geschichten, die jetzt geschrieben wurden, ist mir in den letzten Tagen besonders im Gedächtnis geblieben. Im Schwabenlande sollen Bauern in einer Gaststube um den Tisch herum gesessen haben, und aus einer Zeitung, die ihnen vorgelesen wurde, erfahren haben, dass Friedrich der Zweite verstorben war. Darauf herrschte minutenlange Stille, bis ein ehrwürdiger Greis aus der Runde aufstand und in den Saal rief: „Oh Gott, wer soll denn jetzt die Welt regieren?“. Soviel Achtung hatte man damals noch, den Politikern gegenüber. Es gibt viele Anekdoten über ihn, die man heute noch mit Vergnügen lesen und erzählen kann. Auch das hält ihn lebendig, auch 300 Jahre nach seiner Geburt. Was machen wir mit dieser „lebenden Legende“? „Seine Majestät“ werden anlässlich des runden Geburtstages gebührend, aber nicht unkritisch gefeiert. Uns in Brandenburg wird es ein besonderes Vergnügen sein, gemeinsam mit unseren Gästen auf den Spuren Friedrichs des Großen zu wandeln. Die steinernen Zeugnisse seiner Macht und seines Kunstsinns bieten dazu wahrlich beste Gelegenheit. Verschiedenste Ausstellungen und Ver¬anstaltungen kommen hinzu. Das „Friedrich-Jahr“ wird im Neuen Palais und in den Potsdamer Museen, mit der Kulturland-Kampagne Brandenburg, den Musik¬festspielen Potsdam Sanssouci und Höfischen Festspielen, in Rheinsberg und an vielen weiteren Orten Brandenburgs gefeiert werden. Friedrichs Konterfei wird uns dabei in ungezählten Variationen begleiten. Ob ihm das gefallen würde? Ein Meister der Selbstinszenierung war er ja wohl. Wir müssten vermutlich seinen Spott ertragen und könnten dennoch auf sein Wohlwollen hoffen. Und vielleicht würde er sagen: „Es soll ein jeder in diesem Jubiläumsjahr nach seiner Fasson selig werden!“ Viel Spaß in diesem Festjahr.