Staatskanzlei

Weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der Länder Berlin und Brandenburg

veröffentlicht am 13.12.2005

Die Landesregierung Brandenburg und der Senat von Berlin sind am 13. Dezember 2005 zu ihrer achten gemeinsamen Sitzung in Potsdam zusammengekommen. Es wurden eine Reihe von Staatsverträgen und Verwaltungsvereinbarungen unterzeichnet. Abgeschlossen wurden die Staatsverträge über die Vereinigung der Rentenversicherung, die Zusammenlegung der Statistikeinrichtungen sowie die Errichtung eines zentralen Mahngerichts. Die Verwaltungsvereinbarungen beziehen sich auf den Naturpark Barnim, den interministeriellen Personalaustausch und die Gründung eines gemeinsamen Instituts für Schulqualität. Weiterhin berieten die beiden Kabinette unter anderem über eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaft, eine einheitliche Justizvollzugsausbildung, das geplante gemeinsame Luftfahrtamt und einen Modellversuch für begleitetes Fahren ab 17 sowie die Entwicklung der Länder als „Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck betonte: „Die heute unterzeichneten Verträge und Vereinbarungen sind ein weiterer Meilenstein in der Zusammenarbeit unserer beiden Länder. Sie unterstreichen, dass Berlin und Brandenburg auf den verschiedenen Gebieten schon heute eng kooperieren und an einem Strang ziehen. Diesen Weg wollen wir energisch fortsetzen.“ Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit: „Die Zusammenarbeit unserer beiden Länder wird in den verschiedensten Bereichen kontinuierlich ausgebaut. Das zeigen die heutigen Vereinbarungen in einer Reihe von Sachgebieten. Das erhöht unsere Verflechtung Schritt für Schritt und so kommen wir weiter auf dem Weg zu einer Fusion unserer Länder voran.“ Die wichtigsten Beschlüsse im Einzelnen: Ministerpräsident Platzeck und der Regierende Bürgermeister Wowereit unterzeichneten einen Staatsvertrag über die Errichtung eines Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg. Auch wenn die Statistiken weiterhin getrennt für jedes Bundesland erstellt werden müssen, lassen sich Einsparungen durch eine arbeitsteilige Organisation, die Bündelung von Querschnittsaufgaben und das Zusammenlegen der Leitungsstrukturen erzielen. Mit der Bündelung der Kräfte wird eine größere Leistungsfähigkeit erzielt, die es ermöglicht, den Aufwand für die Statistik bei gleichbleibender hoher Qualität zu reduzieren. Für die Umstrukturierung haben Innenminister Jörg Schönbohm und Innensenator Dr. Ehrhart Körting eine sozialverträgliche Umsetzung zugesagt. Es werden Gespräche mit Gewerkschaften und Berufsverbänden zu einem Überleitungstarifvertrag geführt. Die beiden Regierungschefs unterzeichneten einen Staatsvertrag über die Bestimmung der Aufsicht über die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg. Danach wird die Aufsicht über den künftigen gemeinsamen regionalen Rentenversicherungsträger „Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg“ das Land Berlin führen. Der Rentenversicherungsträger hat seinen Sitz in Frankfurt (Oder) und einen weiteren Standort in Berlin. Das In-Kraft-Treten des Staatsvertrages ist Voraussetzung für eine wirksame Vereinigung der Deutschen Rentenversicherung Berlin (vor dem 1. Oktober 2005: Landesversicherungsanstalt Berlin) und der Deutschen Rentenversicherung Brandenburg (vor dem 1. Oktober 2005: Landesversicherungsanstalt Brandenburg). Hierfür bedarf der Staatsvertrag noch der Zustimmung des Abgeordnetenhauses und des Landtags. Berlins Justizsenatorin Karin Schubert und Brandenburgs Justizministerin Beate Blechinger unterzeichneten einen Staatsvertrag über die Einrichtung des Zentralen Mahngerichts Berlin-Brandenburg. Das Amtsgericht Wedding soll ab dem 1. Juli 2006 zentrales Mahngericht beider Länder werden. Im Amtsgericht Wedding werden schon seit Jahren die Berliner Mahnverfahren (jährlich ca. 430.000) zentral in einem automatisierten Verfahren bearbeitet. Ab dem 1. Juli 2006 soll das Gericht auch die Mahnverfahren aus dem Land Brandenburg (jährlich ca. 90.000) bearbeiten. Damit erzielen beide Länder Synergien: Die bislang konventionell und dezentral bearbeiteten Mahnverfahren aus Brandenburg werden schneller und wirtschaftlicher bearbeitet, in Berlin werden die Ressourcen noch stärker genutzt. Gerade Unternehmen mit hohen Kundenzahlen erhalten damit die Möglichkeit, Forderungen länderübergreifend in einem automatisierten Mahnverfahren geltend zu machen. Berlins Innensenator Körting und der brandenburgische Finanzminister Rainer Speer unterzeichneten eine Verwaltungsvereinbarung zum Personalaustausch der Landesverwaltungen. Ziel ist die weitere Intensivierung der Zusammenarbeit beider Länder auf Verwaltungsebene. Die Landesregierungen gehen davon aus, dass das Zusammenwirken beider Länder und deren Verwaltungen umso schneller und effektiver gelingen wird, je stärker dieser Prozess durch die Beschäftigten persönlich mitgetragen wird. Der Personalaustausch basiert auf einem möglichst zeitgleichen, kostenneutralen Austausch von Beschäftigten für sechs bis 24 Monate. Das brandenburgische Kabinett und der Berliner Senat verständigten sich auf eine Verwaltungsvereinbarung zur Gründung eines gemeinsamen Instituts für Schulqualität (ISQ). Das Institut soll seine Arbeit als wissenschaftlich fundierte, unabhängig arbeitende Einrichtung an der Freien Universität Berlin zum 1. Januar 2006 aufnehmen. Ziel ist, die systematische Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in den Bildungseinrichtungen beider Länder zu forcieren. Durch die Beratung von Schulen, Schulverwaltungen und Bildungspolitik soll das Institut einen fachlichen Beitrag zur Schul- und Unterrichtsentwicklung der Einzelschule sowie zur Weiterentwicklung der gemeinsamen Bildungsregion Berlin-Brandenburg leisten. Zentrale Aufgabenbereiche sollen sein: Entwicklung, Organisation und Auswertung von diagnostischen Tests und Vergleichsarbeiten, Organisation und Durchführung von internationalen, nationalen und regionalen Schulleistungsuntersuchungen, Überprüfung der Bildungsstandards und Kompetenzen, Unterstützung schulischer Selbst- und Fremdevaluation / Online-Befragungen, Bildungsmonitoring und Bildungsberichterstattung für die Region. Das Institut wird durch beide Länder übergangsweise voll finanziert. Hiervon tragen die Senatsverwaltung für Bildung bis zu 650.000 Euro und das Potsdamer Bildungsministerium bis zu 433.300 Euro pro Jahr. Eine Verwaltungsvereinbarung wurde zum Naturpark Barnim abgeschlossen. Die Berliner Umweltsenatorin Ingeborg Junge-Reyer und der Brandenburger Umweltminister Dietmar Woidke unterzeichneten sie mit dem Ziel, die Kooperation und Abstimmung bei der Pflege, Entwicklung und Verwaltung des Naturparks zu verbessern. Als einziges der 15 brandenburgischen Großschutzgebiete umfasst der 1998 gegründete Naturpark Barnim auch Berliner Gebiet. Die Naturwacht soll auch im Berliner Teil des Naturparks tätig werden können. Der Sitz der Naturparkverwaltung bleibt Bernau. Berlin leistet einen Kostenbeitrag für Sachausgaben in Höhe von 45.000 Euro jährlich. Berlin und Brandenburg werden ihre Zusammenarbeit auf den Gebieten des Arbeitsschutzes und der technischen Sicherheit verstärken. Eine Kooperationsvereinbarung wurde von Sozialministerin Dagmar Ziegler und Sozialsenatorin Dr. Heidi Knake-Werner unterzeichnet. Es wurden eine frühzeitige Abstimmung der Schwerpunktaktivitäten und Sonderaktionen sowie der Öffentlichkeitsarbeit, die Koordination der Rechtsetzung, der Aufbau länderübergreifender Netzwerke, eine verstärkte Zusammenarbeit mit den in der Region tätigen Unfallversicherungsträgern sowie der regelmäßige Austausch von Erfahrungen der Arbeitsschutzbehörden beider Länder verabredet. Eine engere Zusammenarbeit soll es auch in der Wirtschaftsförderung geben. Um künftig intensiver und wirkungsvoller gemeinsam um Investoren für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg werben zu können, sollen die Marketingaktivitäten unter einer gemeinsamen Business-Marke durchgeführt werden. Die Wirtschaftsfördergesellschaften Berlins und Brandenburgs werden in gemeinsamen Teams Investoren aus Branchenschwerpunkten ansprechen. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit im Bereich der Außenwirtschaft ausgebaut. Beide Länder streben die gesellschaftsrechtliche Zusammenführung der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH und der Berlin Partner GmbH bis zum Jahr 2008 an. Neben der Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaftsförderung wurde der Abschluss eines neuen Staatsvertrages über die Bergbehörden und energieaufsichtliche Zuständigkeiten vereinbart. Danach sollen dem Land Brandenburg neben den bisherigen bergrechtlichen Aufgaben des Landes Berlin künftig auch energieaufsichtliche Zuständigkeiten Berlins übertragen werden. Berlin und Brandenburg beschlossen die Einführung des begleiteten Fahrens ab 17 als Modellprojekt möglichst zum 1. Februar 2006. Damit können Jugendliche mit 17 Jahren den Führerschein erwerben und in Begleitung eines Erwachsenen bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres Auto fahren. Beide Länder halten darüber hinaus am Projekt eines gemeinsamen Luftfahrtamtes fest. Es wurde das Ziel bekräftigt, Mitte des Jahres 2006 eine gemeinsame obere Luftfahrtbehörde in Schönefeld einzurichten. Ein weiterer Beschluss betrifft die europäische Metropolregion Berlin-Brandenburg, die sich künftig als „Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“ präsentieren will. Beide Länder wollen ihre raumwirksamen europäischen, nationalen und regionalen Ziele und Interessen sowohl politikfeldspezifisch als auch ressortübergreifend in ein neues gemeinsames räumliches Leitbild integrieren, das auf den Stärken und Potenzialen von Berlin und Brandenburg aufbauen soll. Für die europäische Metropolregion Berlin-Brandenburg ist darüber hinaus eine gemeinsame und ressortübergreifende Marketing- und Medienstrategie zu entwickeln, um die herausragenden Potenziale der Region auch nach außen sichtbar zu machen und gleichzeitig die strategischen Chancen in der neuen Förderperiode nach 2006 insbesondere auch im Ziel 3 „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ zu erhöhen. Dazu bedarf es für den raumordnerisch als europäische Metropolregion beschriebenen Gesamtraum beider Länder einer übergreifenden, für die Standortwerbung wirksame Marke. Hierfür soll der von den Wirtschaftsressorts beider Länder seit längerem verwendeten Begriff der Dachmarke „Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“ aufgegriffen werden, um das Zugehörigkeitsgefühl aller Regionen für die Hauptstadtregion zu vermitteln Vereinbart wurden gemeinsame Schritte beim Aufbau der Geodateninfrastruktur, die als überaus wichtig für die regionale Entwicklung angesehen wird. Zusammengeführt werden sollen das Landeslabor Brandenburg und das Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen. Die Berliner Gesundheitssenatorin Dr. Heidi Knake-Werner und Verbraucherschutzminister Dietmar Woidke wurden beauftragt, in Abstimmung mit der Senats- und Staatskanzlei entsprechende Verhandlungen über einen Staatsvertrag aufzunehmen. Deutlich intensiviert wird auch die weitere Zusammenarbeit im Bereich Justiz. Bereits zum 1. Januar 2005 hatte das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg mit Sitz in Berlin seine Tätigkeit aufgenommen. Das Amt führt die juristischen Staatsprüfungen für die Studenten der Rechtswissenschaften der Universitäten in Berlin und Brandenburg sowie für die Rechtsreferendare beider Länder durch. Daneben ist es für die Aus- und Fortbildung von Justizbediensteten zuständig. Aufgrund des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte haben am 1. Juli 2005 zwei gemeinsame Fachobergerichte, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in Berlin und das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam, ihre Tätigkeit aufgenommen. Am 1. Januar 2007 werden zwei weitere gemeinsame Fachobergerichte, das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in Cottbus und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in Berlin, ihre Tätigkeit aufnehmen. Die Zusammenarbeit erstreckt sich unter anderem auch auf Beurteilungsrichtlinien für Richter und Staatsanwälte, die länderübergreifende Nutzung von Ressourcen im Strafvollzug und die kriminologische Forschung.