Staatskanzlei

Platzeck: Regionale Kontakte sind Fundament eines guten nachbarschaftlichen Miteinanders mit Polen

veröffentlicht am 30.10.2006

Ministerpräsident Matthias Platzeck hat die Bedeutung regionaler Kontakte beiderseits der Grenze von Oder und Neiße für ein gutes nachbarschaftliches Miteinander zwischen Deutschland und Polen herausgestellt. Dies gelte gerade in Zeiten, da die „politische Großwetterlage zwischen Deutschland und Polen nicht nur auf Sonnenschein steht“, sagte der Ministerpräsident am Montag auf dem Europaforum im schweizerischen Luzern. Der Ministerpräsident plädierte dafür, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Darin wisse er sich mit den meisten seiner polnischen Gesprächspartner einig. „Kooperation und nicht Konfrontation, Dialog und nicht Schweigen bringen uns weiter.“ Platzeck verwies darauf, dass sich Brandenburg seit seiner Gründung dafür einsetzt, „dass sich die Menschen diesseits und jenseits der Oder auf einer ganz pragmatischen, praxisnahen Ebene näher kommen konnten“. Gleichzeitig genieße die Zusammenarbeit mit Polen in Brandenburg Verfassungsrang, dies sei ein Novum in den deutschen Bundesländern. Platzeck nannte die Erweiterung der Europäischen Union „auch eine Antwort auf die globale Herausforderung“. Sie habe weder zu dem von manchem befürchteten Anstieg von Arbeitslosigkeit oder Unternehmensinsolvenzen geführt. „Im Gegenteil, mittel- und langfristig schafft die Erweiterung gute Voraussetzungen für bessere und mehr Arbeitsplätze: die wachsende Kaufkraft in den Beitrittsländern und der Innovationsschub bringen Vorteile sowohl für die alten als auch die neuen EU-Länder, besonders auch für Brandenburg und Polen.“ Europa spiele heute in fast allen Lebensbereichen eine wichtige, manchmal die entscheidende Rolle, so Platzeck. Beschlüsse aus Brüssel und Straßburg beträfen längst jeden Einzelnen. „Daher müssen wir dringender denn je sicher stellen, dass die Landes- und regionalen Interessen frühzeitig und wirksam in den Brüsseler Entscheidungsprozess eingebracht werden. Die EU ist ihrerseits in vielen Schlüsselbereichen, wie der erneuerten Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung, auf die aktive Mitwirkung und die dauerhafte Umsetzung ihrer Entscheidungen durch die Mitgliedstaaten, die Länder und die Regionen und Kommunen angewiesen.“ Nach Einschätzung von Platzeck haben sich die Bedingungen für eine intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Polen und Brandenburg durch den EU-Beitritt Polens am 1. Mai 2004 nochmals verbessert, etwa durch den Wegfall von Zöllen und die Angleichung von Normen und Standards. Der Warenaustausch zwischen Brandenburg und Polen sei „explosionsartig“ gewachsen. Polen sei 2005 für Brandenburg wichtigstes Exportland und nach Russland das zweitwichtigste Importland gewesen. Als entscheidend für das Gelingen einer engen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern kennzeichnete Platzeck, dass sich die Bürger für das „nachbarschaftliche Projekt“ begeistern. Platzeck: „Verständnis setzt Verstehen voraus. Brandenburg ist das Land mit der höchsten Zahl von Polnisch lernenden Schülern. Derzeit bieten 17 öffentliche und vier private Schulen Polnischunterricht für rund 1.500 Schüler an. Zwischen deutschen und polnischen Schulen bestehen 230 Partnerschaften.“ Platzeck erinnerte zugleich an das erfolgreiche Wirken des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes, das zwischen 1993 und 2005 mehr als 37.000 Projekte fördern konnte, von denen 1,5 Millionen junge Menschen profitierten. Platzeck mahnte vor dem Hintergrund der schmerzvollen gemeinsamen Vergangenheit einen „ehrlichen Umgang mit den geschichtlichen Belastungen“ an. „Wir müssen uns immer wieder klar machen, dass der Zweite Weltkrieg am 1.9.1939 mit dem Angriff auf Polen begann. Er endete mit den Ergebnissen der Konferenzen von Potsdam und Jalta. Es ist eine grausame Ironie der Geschichte, dass das erste Opfer des Zweiten Weltkriegs – nämlich unsere polnischen Nachbarn – sich im Ergebnis nach Westen verschoben sah und Territorium verlor. Vertreibung ist damit zuerst auch eine polnische Erfahrung. Das sind historische Merkpunkte, die bis heute wirken und die Sensibilität aller am Prozess der deutsch-polnischen Zusammenarbeit Interessierten verlangt.“